Wie schafft man es, als Innovationsführer wahrgenommen zu werden?


Meine Doku über den Schneider Propeller (Voith) hat über die Jahre mehr eine Millionen Zuschauer gesammelt haben. Das zeigt, dass eine wichtige Grundregel der Kommunikation zeitlos ist und beweist: Selbst trockene Ingenieurs-Themen können begeistern.

Vor beinahe 20 Jahren war ich für Konzeption und Regie einer Dokumentation über den VOITH Schneider-Propeller verantwortlich. Dieser Propeller ist eine erstaunliche Innovation, die nicht einfach besser, sondern grundlegend anders ist als alles, was es im Schiffsantrieb sonst noch gibt. Wer einmal gesehen hat, wie sich ein Schiff mit diesem Propeller scheinbar schwerelos und punktgenau in alle Richtungen bewegt, wird sich nicht mehr fragen, ob dieses System besser als herkömmliche Schiffsschrauben ist, sondern was daran anders ist. Solcherlei Einzigartigkeit ist es, die nachhaltig Aufmerksamkeit schafft – nicht nur in der Technik, sondern auch in der Kommunikation.

Schon im Vorfeld der Dreharbeiten in Norwegen, wo die Sonne zu dieser Zeit kaum untergehen würde und unser kleines, pragmatisches Team beeindruckende Bilder einfangen sollte, wurde mir bewusst: Technische Innovation allein überzeugt nur Fachleute. Die breite Öffentlichkeit begeistert man nur mit Bildern und Geschichten, die sich mit bisher Gesehenem nicht messen können – bestenfalls, weil es keine Vergleiche gibt. Etwas, das eine völlig neue Kategorie eröffnet.

Heute, 2025, in einer Welt voller austauschbarer Botschaften und ständig um Aufmerksamkeit kämpfender Marken, ist diese Erkenntnis aktueller denn je. Unternehmen stehen immer häufiger vor der Frage: Warum nimmt uns niemand als Innovationsführer wahr, obwohl wir doch technisch oft tatsächlich besser sind als unser Wettbewerb? Die einfache Antwort: Weil „besser“ kaum sichtbar ist. „Besser“ ist relativ. Und es verlangt, dass Menschen ständig Vergleiche ziehen, messen und beurteilen. Viel nachhaltiger und wirkungsvoller ist eine Positionierung, die konsequent „anders“ ist – eine, die eine eigene Kategorie eröffnet, in der es eben keinen direkten Vergleich gibt.

Im Storytelling ist es ganz ähnlich. Gute Geschichten funktionieren nicht, weil sie einfach besser erzählt sind als andere, sondern weil sie einen unerwarteten Blickwinkel, eine besondere Perspektive oder ein überraschendes Narrativ anbieten. Genau das macht sie einzigartig und unvergesslich. Während klassische Unternehmensfilme, die auf Fakten und bloße Vorteile setzen, oft schnell vergessen werden, bleiben Geschichten hängen, die ungewöhnlich erzählt sind, die Emotionen wecken und neue Horizonte öffnen. Genau deswegen funktioniert der Dokumentarfilm über den Schneider-Propeller seit fast zwei Jahrzehnten so gut – mit inzwischen weit über einer Viertelmillion Klicks allein auf YouTube und zahllosen weiteren Zuschauern über andere Kanäle.

Gerade für Unternehmen, die sich in einem engen Wettbewerbsumfeld behaupten wollen, lautet deshalb die entscheidende Frage nicht „Wie können wir zeigen, dass wir besser sind?“, sondern „Wie können wir zeigen, dass wir anders sind?“. Einzigartigkeit schafft Klarheit und Wiedererkennbarkeit. Und sie macht Kommunikation effizient, weil sie nicht jedes Mal aufs Neue beweisen muss, warum sie besser ist. Sie muss nur zeigen, warum sie unvergleichlich ist.

Das Beispiel des VOITH Schneider-Propellers illustriert auf wunderbare Weise, dass „anders“ nicht automatisch riskanter oder komplizierter bedeutet. Vielmehr bietet es die Möglichkeit, in einer übervollen Welt klar und sichtbar zu bleiben. Wer also als Innovationsführer wahrgenommen werden möchte, braucht Mut zur Eigenart, Mut zur Positionierung jenseits des Üblichen – kurz: Mut zur eigenen Geschichte.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Unternehmen trotz technischer Brillanz und Expertise nicht die Aufmerksamkeit erhält, die es verdient, könnte es hilfreich sein, diesen Blickwinkel zu verändern. Lassen Sie uns gemeinsam eine Geschichte entwickeln, die nicht nur besser klingt, sondern vor allem anders erzählt ist. Eine Geschichte, die Ihre Einzigartigkeit sichtbar macht und genau deshalb nachhaltig wirkt.

Denn eines habe ich in den letzten Jahrzehnten immer wieder erlebt: Wenn man die Geschichte anders erzählt, entsteht etwas Wertvolleres als einfache Sichtbarkeit – es entsteht echte Begeisterung.

Ursprünglicher Beitrag vom 25. September 2019

Lehmann an Bord der „Rex“; der pragmatische Dreh „aus der Hand“ hat sich als schnelle und effektive Lösung für die Kamera erwiesen…

von Christoph Lehmann (Regie/Redaktion, Kamera, Schnitt)

Es ist schon eine Weile her, dass mich die Agentur Stoll von Gàti aus Crailsheim mit Redaktion, Regie und Schnitt für diese spannende Voith-Dokumentation beauftragte.

Ich erinnere mich noch gut an den Ausflug nach Norwegen. Wir waren ein kleines, pragmatisch agierendes Team und wollten in kurzer Zeit viele beeindruckende Bilder drehen.

Tageslicht war damals nicht das Problem, denn in Norwegen wurde es zu dieser Jahreszeit kaum dunkel (Insomnia!).

Jedoch wurden die VOITH „Wasser-Traktoren“ natürlich wieder anderswo gebraucht als vor unseren Kameras.

Natürlich war mir schon damals klar, dass wir einen Dokumentarfilm über ein besonderes „Stück“ Ingenieurskunst drehen durften – aber letztlich war es doch ein Industriefilm. Deshalb war ich umso mehr erfreut und überrascht, als ich kürzlich feststellte, dass das Video allein im Youtube-Kanal der Agentur Stoll von Gàti über 250.000 Aufrufe hat.
Da kommen sicher noch etliche Zuschauer hinzu, die das Video im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit von VOITH gesehen haben.

Das war mir jedenfalls einen kurzen Beitrag wert, denn besser lässt sich nicht zeigen, wie nachhaltig Storytelling auf die Corporate Communication „einzahlt“.

  • Produktionsjahr 2006
  • Kunde: VOITH
  • Agentur/Produktion: Stoll von Gàti GmbH, Crailsheim